Chefnotiz am Freitag 26.01.2018

Ahnungslos und illegal? Kohlegegner in Hambach sorgen für Aufsehen

Wer sich zum Retter aufschwingen möchte, muss nach Nordrhein-Westfalen gehen. Dort, in einem Waldabschnitt im Örtchen Hambach ist für jeden etwas dabei: Die Rettung der Bechstein-Fledermaus für Detail-Verliebte und das Weltklima, für die, die sich etwas mehr zutrauen. Seit 2012 lebt in Hambach eine Gruppe mit solchen Ansinnen in Zelten und Baumhäusern. Sie wollen durch ihre Präsenz verhindern, dass Energieversorger RWE den Forst abholzt, um anschließend Kohle abzubauen. 

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster unterstützt das Anliegen der Kohlegegner und hat die Abholzungen im November 2017 vorläufig gestoppt. Dabei beriefen sich die Richter auf einen Antrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) – dieser Verein unterstützt das Anliegen der Hambacher Gruppe schon seit Jahren. Der Stopp gilt nun, bis man in Münster über eine Beschwerde des BUND gegen einen Beschluss vom Kölner Verwaltungsgericht entschieden hat. In dieser Beschwerde hatte der BUND in Zweifel gezogen, dass die Genehmigungsbescheide für den Tagebau rechtmäßig seien. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte diese Klage abgewiesen, weil die Genehmigungen nicht gegen die umweltbezogenen Rechtsvorschriften verstoßen. 

„Wenn man in Köln nicht weiterkommt, dann eben in Münster“, dürfte das Denkmuster des BUND sein. In Münster begründet man die erneute Unterbrechung übrigens mit der Komplexität des Sachverhalts. Zudem wolle man vermeiden, dass irreversible Zustände entstehen. 

Die Argumente aus Münster wirken allerdings recht fadenscheinig. Tatsache ist, dass die Landesregierung bereits 1994 den Braunkohlenplan Hambach genehmigt hat. Diese Genehmigung hat das Kölner Verwaltungsgericht kürzlich bestätigt. Dass die Hambacher Gruppe trotzdem „Illegalität“ wittert, könnte daran liegen, dass böse ist, wer böse denkt. Wer sich auf der Homepage der Kohlegegner erkundigt, findet auf der Seite unter „Häufig gestellte Fragen“ (Frequently asked questions, FAQ) den Hinweis: „Das folgende FAQ könnte Aufrufe oder Anleitungen zu Straftaten enthalten. Deshalb ist es Angehörigen von Polizei, Staatsanwaltschaft und sonstigen Behörde verboten, ab hier weiter zu lesen. Alle Verstöße werden angezeigt.“ Immerhin: So viel Humor hat man. 

Was hingegen komplett fehlt, ist eine Erklärung der Umweltschützer, wie man die Energiewende ohne fossile Energieträger bewerkstelligen will. Tatsache ist: solange es keinen Stromspeicher gibt, ist ein Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare nicht möglich. Wind und Sonne produzieren nun mal nicht auf Befehl Strom, sondern nach Wetterlage. Die Lücken müssen fossile Energieträger überbrücken. Zum einen, um Versorgungsengpässe zu vermeiden, zum anderen, um den „Zappelstrom“ aus den Erneuerbaren zu stabilisieren. Nur so kann die erforderliche Netzfrequenz von 50 Hertz gehalten werden.  Warum die Hambacher Gruppe dazu schweigt? Gut möglich, dass man von diesen physikalischen Gesetzmäßigkeiten einfach keine Ahnung hat.