Chefnotiz am Freitag 22.09.2017

Brexit überall: Briten steigen aus Emissionshandel aus

Die Preise von CO2-Emissionszertifikaten sollen steigen. Staatssekretär Rainer Baake (Grüne) und die französische Staatssekretärin Brune Poirson (En Marche!) trafen sich deshalb diesen Monat in Berlin. Über die Modalitäten konnte aber keine Einigung erzielt werden. Dabei kann den Franzosen ein möglicher Preisanstieg recht egal sein. Das Land bezieht seinen Strom zu über 70 Prozent aus Atomkraftwerken. Diese emittieren bekanntlich kein CO2, weshalb man in Frankreich deutlich weniger Zertifikate benötigt. Anders in Deutschland – hier stammt der Strom zu über 50 Prozent aus Steinkohle, Braunkohle oder Gas. Insofern dürften deutsche Unternehmen nach dem Treffen erleichtert aufgeatmet haben. 

Eine Ankündigung aus London wird der Dringlichkeit einer deutsch-französischen Einigung jetzt allerdings neuen Auftrieb geben. Denn das britische Parlament hat eine Gesetzesänderung vorbereitet. Diese soll bewirken, dass alle ab Januar 2018 ausgestellten Zertifikate aus einem Land, welches die EU verlässt, ihre Gültigkeit verlieren. Damit meinen die Briten natürlich sich selber. Wer marktwirtschaftlich denkt – und das werden die Zertifikate-Händler auf der Insel – verkauft nun seine Emissionsrechte, bevor sie wertlos sind. Ein plötzlich erhöhtes Angebot bei gleichzeitig schwacher Nachfrage wird zu weiter sinkenden Preisen führen. Daher ist zu erwarten, dass die Politik die Preise künstlich in die Höhe treibt. Doch sollte man wissen: Damit wird der der Grundgedanke des Handelssystems endgültig ad absurdum geführt. 

Zertifikate-Handel – marktwirtschaftliches Instrument in Fesseln

Hintergrund: Der Zertifikate-Handel ist als marktwirtschaftliches Instrument gedacht. Jedes teilhabende Unternehmen soll frei entscheiden, ob es Emissionen vermeidet oder lieber Verschmutzungsrechte hinzukauft. Dadurch entsteht ein Knappheitspreis, welcher den Anreize schafft, in umweltfreundliche Technologien zu investieren. Die Anzahl der ausgegebenen Zertifikate wird von Handelsperiode zu Handelsperiode gesenkt, dadurch entsteht ein weiterer ökonomischer Anreiz. Das System wurde im Jahr 2005 eingeführt. Damals rechnete man mit Preisen 30-40 Euro je Tonne CO2, ein Ziel, das nie erreicht werden konnte. Was vor allen Digen daran liegt, dass der Handel durch andere Instrumente zur CO2-Vermeidung flankiert wird. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stört dabei am meisten. Will man beide Systeme trotzdem parallel laufen lassen, müsste man bei der Berechnung der benötigten Emissionsrechte die Mengen CO2 herausnehmen, welche durch das EEG vermieden werden. Das geschieht jedoch nicht, stattdessen greift die Politik lieber in den Markt ein. Da Planwirtschaft noch nie funktioniert hat, werden diese Maßnahmen natürlich ins Leere laufen. 

Warum greift der Staat überhaupt ein?

Zuletzt muss die Frage gestellt werden, warum sich Deutschland höhere Kosten für Emissionszertifikate wünscht. Die steigenden Energiepreise, welche hauptsächlich der Energiewende geschuldet sind, sollten eigentlich Strafe genug sein. Ein Teil der Erklärung ist sicherlich in der ideologischen Verbrämung von Staatssekretär Baake zu finden. Baake ist seit 1985 als Politiker bei den Grünen tätig und schrieb im Jahr 2000, damals als Umweltstaatssekretär, am EEG mit. Zum anderen nutzt eine Schwächung der deutschen Industrie durch höhere CO2-Preise der französischen Industrie, welche – wie oben erwähnt – deutlich weniger Zertifikate benötigt.